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Freitag, 14. Februar 2014

Valentinstag

Da ich diese Geschichte liebe (und selbst geschrieben habe für mein Müsli), lasse ich es mir nicht nehmen, sie auch hier noch herzuspammen.

Wieder einer dieser Tage.
Mein dritter Drink wird sicher nicht mein letzter sein, denke ich, während ich einen sabbernden Junggesellen von meinem Schoß zu schubsen versuche.
Wäh! Nicht nur, dass der Typ ärger miachtlt (Anm: der Autorin: müffelt)
als ein ungewaschener Straßenköter bei Regen, sabbert er auch schlimmer als ein zahnlückiger Bernhardiner. Zudem ist er kein wahrer Augenschmaus.
Wie ich mir den wieder eingetreten hab, keine Ahnung! Aber wie meine beste Freundin immer sagt, ich bin einfach zu gutmütig!
Ich kann mich nicht erwehren, ihm heimtückisch unterm Barhocker eine mit meinem Stiletto zu geben und er jault auf.
Echt hundig, der Kerl!
Naja, was soll’s…
Die letzte Nacht war nicht besser: ein mäßig umwerfender 35-jähriger hatte nichts Besseres zu tun als mir bis vor die Haustür nach zu dackeln. Nur mit sanfter Gewalt und einem Griff zum Tränengas konnte ich ihn davon abhalten, meine Türtack’n (Anm: der Autorin: Türmatte) zu seinem Nachtasyl umzufunktionieren.
Single sein ist ja wohl das Schlimmste das es gibt!
Dass ausgerechnet ich das jemals so sehen würde, als eingefleischte Alleinwohnerin und Beziehungsallergikerin, hätte ich mir nicht träumen lassen!
Aber irgendwann kommt der Tag, an dem man abends alleine nach Hause kommt und sein bestes Paar High Heels dafür geben würde, dass da jemand wartet.
Nein, nicht irgend jemand, sondern jemand ganz Spezieller, derjenige, auf den man sein Leben lang (oder zumindest seit langem) gewartet hat.
Irgendwann ist der Traum von Single-Pizza und Garconniere ausgeträumt, irgendwann siegt die Realität einer leeren Wohnung über die Fiktion der Freiheit.
Baaah, Alter, sage ich das etwa gerade?
Was hab denn ich eingeworfen?
Aber so sehr ich auf versuche, mein Ego wieder auf Egoismus umzupolen, die Seele schreit doch nach dem zweiten Teil des Kugelmenschen, nach der idealen Ergänzung, nach dem Yang zum Yin (oder dem Yin zum Yang? Wer weiß das schon?)
Der Abend schreitet voran, mein Zustand der Umnebelung schließt sich an, die Barkeeperin streckt mir ihr launiges Dekolleté (ein Busen schielt nach innen, der andere hängt schräg nach unten ab) unter die Nase.
Aber das reißt mich auch nicht raus aus meiner Einsamkeit, eben so wenig wie der sechste Drink.
Die Lesbe in Männeranzug neben mir wirft mir einen bedeutsamen Blick zu, der mir eher Angst als Lust macht, und widmet sich dann wieder dem Arsch ihrer vollbusigen leeräugigen Begleiterin.
Der einzige im Raum, der Lust auf Mehr macht, ist der Schnuckelige, da links in der Ecke – und der ist heftig im Clinch mit einem stark behaarten Mittvierziger.
Nicht mein Tag, wieder mal nicht!
Aber was soll man auch erwarten?
In einer Bar ist noch keine glückliche Beziehung entstanden, außer der zwischen Mr. James Beam und einem Alkoholiker.
Und damit ist meine letzte Hoffnung geplatzt.
Denn alles andere habe ich schon probiert zum Behufe der Beziehungsanbahnung:
Inserieren auf der Partnersuchseite, Singlereisen gemacht und sogar einem Lesekreis bin ich beigetreten.
Naja, LeseGreis würde es besser treffen, denn mit meinen Mitte 40 war ich dort das Nesthäkchen!
Kennengelernt habe ich Jungs, die mit 50 noch bei Muttern wohnen, komische verheiratete Kerle, die mich in eine Eigentumswohnung sperren und damit Eigentumsrecht an mir erlangen wollten, massenhaft verrückte Stalker und –rinnen, und noch so einiges, das sich nicht ganz mit meiner Sicht einer gleichberechtigten Beziehung deckt.
Dabei habe ich als bisexuelles Wesen doch das Glück auf meiner Seite, dachte ich immer: 100% mehr Auswahlmöglichkeiten als Heteros!
Wie auch immer, der Abend neigt sich dem Ende zu, ebenso die Gunst der Bartenderin, die nunmehr sichtlich versucht, mich aus ihrem Dunstkreis zu bekommen, bevor ich ihr Revier verunreinige.
Als ob mir jemals schlecht würde!
Ts!
Ich winke – hoppla, da war etwas im Weg, etwas Weiches… aber ich kann nichts erkennen!
Wollte doch nur um die Rechnung bitten, aber von irgendwo an meiner linken Seite kommt ein böses Knurren.
Als ich den Blick dorthin wende, sehe ich ein kleines bissig aussehendes Tierchen dort sitzen, mit Bärchenpyjama und…
Blödsinn, ich muss wohl doch zu viel getrunken haben!
Ich wende den Blick ab, und als ich wieder hinsehe, ist dort nix.
Nada.
Niente.
Nur der dreckige Boden einer übernächtigten Bar.
Ich lasse einen Schein liegen und schleppe mich zu meinem Mantel.
Wieder mal ein Valentinstag ohne Blumen…
… und ohne Liebe…
Bibbernd trete ich in die Kälte eines sehr frühen Februarmorgens.
Achtung, Stufe, Achtung Stu…
AAAAAH!
Au! Autsch!
Das war mehr als eine, wo kommen die her? Die waren doch gestern noch nicht da?
Ich sitze auf dem Boden, alleine, und würde ich mir nichts sehnlicher wünschen, als eine Menschenseele, die mir aufhilft, meinen Mantel abklopft, mir sagt, dass alles gut ist…
Je länger ich mir das vorstelle, desto elender wird mir, und die Tränen treten in meine Augen.
Außerdem hab ich mir bei dem Sturz weh getan.
Ich kann mich kaum bewegen!
Es ist, als ob die Sorgen und die Traurigkeit der letzten Jahre sich alle auf meinen Rücken gelegt hätten, und mich nicht mehr aufstehen ließen.
Ich schluchze, zuerst leise, dann, als sich der Kloß in meinem Hals löst, lauter und heftiger.
Wie ein Bär liegt mein Mantel auf mir und drückt mich zu Boden, auf diesen weichen, warmen…
Und…
Es ist ein Bär, denn nun haucht mir etwas Warmes ins Ohr.
Ein Bär! Ein…
Aber – seit wann können Bären sprechen?
„Hey, Süße, aufwachen! Was träumst du denn da Schlimmes?“
Ich… ich kenne keine sprechenden Bären!
Ich kenn mich grad nicht aus!
Und dann, als ich langsam zurücktauche, durch den Schleier der Träume und sanft in meinem Schlafzimmer lande, erkenne ich, was da auf mir liegt und mit Engelszungen auf mich einredet.
Nein, kein Bär.
Eigentlich gar nichts Behaartes.
Sondern etwas, das ich mir in meinem Traum gewünscht habe, das, wofür ich meine besten High Heels hergegeben hätte.
Sie liegt neben mir, wärmt mich mit ihrer nackten Haut und meint leicht pikiert: „Du hast mich ganz schön gehaut im Schlaf!“
Dann knuddelt sie mich wieder nieder und ich versinke in einem Meer aus Sommersprossen, dunklen Haaren und weichen schläfrigen Küssen…

Schönen Valentinstag

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